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 02.11.2004

Die Sendung Plus-Minus (ARD) berichtete über Fahren mit Pflanzenöl

Ein Cent runter, drei Cent rauf, so oder so ähnlich erlebt jeder Autofahrer das Auf und Ab der Bezinspreise an den Tankstellen. Kein Wunder, dass sich immer mehr Autofahrer von dem teueren Diktat der Ölkonzerne - und des Finanzministers lösen wollen. Sie greifen zur Selbsthilfe und bauen ihre Autos um. Und wenn dabei dann auch noch die Umwelt geschont wird, um so besser.

Das leidige Thema Benzinpreise
Früher befeuerte man sein Auto oder seinen Laster mit einem Holzvergaser. Und heute, da die Ölscheichs und der Finanzminister zulangen, wehrt sich eine neue Generation von Öko-Bastlern auf ihre Art. Statt immer teurer werdendem Diesel füllen sie lieber umweltschonendes Pflanzenöl in den Tank, wie zum Beispiel Thomas Lutze aus Saarbrücken. Der 34jährige hat seinen Dieselbus vor vier Jahren umbauen lassen. Gerade mal 50 Cent kostet ihn ein Liter Pflanzenöl.

Eine lohnende Alternative
Rund 160.000 Kilometer ist Thomas Lutze seither gefahren - ohne Probleme. Damit hat sich der Umbau schon mehrfach bezahlt gemacht. An der Tankstelle nimmt er höchstens mal eine Portion Luft. Ansonsten lässt er die Zapfsäulen links liegen.

Eine Dreißig-Liter-Notration hat Thomas Lutze in seinem ehemaligen Diesel-Fahrzeug immer liegen. Damit kommt er einige hundert Kilometer weit. Und wenn er mal etwas Öl verschüttet - kein Problem. Pflanzenöl ist für den Boden völlig unschädlich.

Ölmühle statt Zapfsäule
Thomas Lutze kauft seinen Treibstoff auf Vorrat bei einer Ölmühle. Theoretisch kann er fast jedes Pflanzenöl tanken, selbst aus Erdnüssen oder Kokosnüssen. Doch am günstigsten ist in Deutschland der Treibstoff aus Raps. Ein nachwachsender Rohstoff, der beim Verbrennen im Motor nur soviel Kohlendioxid abgibt, wie die Pflanze vorher aufgenommen hat. Wissenschaftler nennen das ökologischen, günstigen, geschlossenen Kreislauf.

Fahren zum Nulltarif
Andere Pflanzenölfahrer treiben den Spargedanken auf die Spitze. Ein richtiger Sparprofi ist Lutz Kynast, denn er benutzt gebrauchtes Salatöl. Der 43jährige aus der Nähe von Cottbus fährt quasi zum Nulltarif. Aus Abfallöl bastelt er seinen Treibstoff selbst - mit ein paar Kanistern und einem Fließstoff-Filter aus dem Aquariumhandel. Das Pflanzenöl fällt im eigenen Laden an. Dort wird es zum Einlegen von Pepperoni, Tomaten und Oliven benutzt. Zusammen mit einer Angestellten verkaufen sie die Produkte auf einem Bauernmarkt in Cottbus. Genug Ölabfall zum Filtern und Fahren bleibt dabei immer übrig.

Mit der selbst gebastelten Anlage produziert der sparsame Unternehmer dann seinen eigenen Treibstoff. Innerhalb weniger Monate hat der Salatöl-Schumi es auf 40.000 Kilometer gebracht - ohne Probleme. Und darauf ist er mächtig stolz. Lutz Kynast: "Wir fahren seit Mai mit dem Fahrzeug und die Erfahrungen, die ich gesammelt habe, sind gut, wobei das sicher subjektiv ist und von Fahrzeug zu Fahrzeug verschieden. Der Verbrauch ist ungefähr gleich zum Diesel und ich habe den Eindruck, er fährt schneller."

Die Pöler
Man glaubt es kaum: Sogar Rallye fahren ist möglich. Den Beweis findet man in der so genannten "Pölhöhle" bei Dortmund. Die Pflanzenöler, abgekürzt Pöler, gehören zur verschworenen Szene der Selbstumrüster. Das ist zwar nicht einfach, aber billig. Für wenige 100 Euro wird der Diesel zur Pflanzenöl-Karosse. "Geiz ist geil" gilt auch hier, denn selbst altes Pommes-Öl eignet sich zum Fahren. Kein Wunder, dass manche Kiste einen ordentlichen Frittengeruch verströmt.

Beim Fahren mit Pflanzenöl liegt die Tücke im Detail, wie Bastler Joachim nur zu gut weiß: "Das Hauptproblem von der technischen Seite ist die höhere Viskosität. Das Pflanzenöl ist wesentlich zähflüssiger und geht durch die engen Serien-Kraftstoffleitungen nicht so einfach durch. Dann gibt es noch andere Dinge, wie bei der Einspritzpumpe, zu beachten."

Die Nachfrage steigt
Die Pölhöhle ist ein beliebter Treffpunkt für alle Arten von Freaks. Von überall her kommen die Bastelfreunde - und außerdem kann man hier auch ganz normales, reines Pflanzenöl tanken. Solche Zapfstationen sind inzwischen in ganz Deutschland anzutreffen. Die Nachfrage nimmt zu. Je nach Fahrleistung rechnet sich der Umbau schon nach einem Jahr.

Die Bundesregierung fördert den Umbau - allerdings nur für Traktoren. Kein Wunder: Für das Pflanzenöl sieht der Finanzminister kein Cent Mineralölsteuer. Und darauf kann und will er natürlich nicht verzichten - Öko hin oder her. Doch gerade bei den PKWs wächst die Pflanzenöl-Nachfrage - 40.000 Liter gehen in der Dortmunder Pölhöhle schon mal pro Monat weg, Tendenz weiter steigend.

Pflanzenöl statt Diesel
Wer sich das Basteln am eigenen PKW nicht zutraut, der findet schnell den Weg zum Profi. Bekanntester Pionier: die Firma Elsbett. Schon vor 25 Jahren präsentierte der Gründer einen umgebauten PKW-Dieselmotor. Nach der Umrüstung bekommt hier jedes Auto eine neue TÜV-Abnahme.

Der Sohn des Gründers und jetzige Vorstand der Firma, Klaus Elsbett, kennt keine technischen Schwierigkeiten: "Im Schnitt sind die Autos der Kunden, die zu uns kommen, zwei, drei bis vier Jahre alt, also Autos neueren Datums. Vor allem bei älteren Modellen wird selbst gebastelt bzw. umgerüstet. Wir hatten hier bisher wenig Qualitätsprobleme."

Der professionelle Umbau eines Dieselfahrzeugs, und nur diese können umgerüstet werden, kostet bei Elsbett rund 2000 €. Die hat man nach 10.000 Kilometern aber wieder reingeholt. Die großen Autohersteller zeigen an der Weiterentwicklung oder dem Masseneinsatz von Pflanzenöl bisher nur wenig Interesse, weiß Klaus Elsbett: "VW und Daimler-Chrysler werden sich das in absehbarer Zeit nicht antun, da sie im Moment nur einen Nischenmarkt sehen. Und sie hatten eine Entwicklung für Biodiesel, aber haben diese inzwischen widerrufen, da es zu viele Probleme gab. Ich sehe aber gute Möglichkeiten für ein hohes Wachstum, denn es wird jetzt immer bekannter."

Aldi statt Aral
Auch wenn sich mal keine Ölmühle in der Nähe befindet - in jedem Supermarkt gibt's schnell eine Notration - von den verpönten Plastikflaschen mal abgesehen.

 

Quelle:
Dieser Text gibt den Inhalt des Beitrags der Sendung plusminus vom 11.11.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

Saarländischer Rundfunk
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